Einblicke ins Bankwesen

Nein, nicht Fotos von Banken, sondern von Bänken werden in der Fotoausstellung „Von Bank zu Bank – Ein Streifzug durch die europäische Banklandschaft" (23.8 – 24.11.) gezeigt. Der Fotograf Thomas Huscher verbirgt seinen Namen dezent hinter seine anglifizierten Initialen (ti: eitS) mit Zusatz „photoart".

Für uns, die wir es ohnehin schon wissen, hält Wikipedia die Definition „Sitzmöbel, das meist mehreren Personen Platz bietet" bereit. Etwa 20 Varianten dieses Sitzmöbels sind für 3 Monate an den Wänden in den Gängen der Musikschule in der Schirn auf Bildern einer Ausstellung zu betrachten, die sich offenbar schon mehrfach anderenorts präsentiert hat.

Viele werden sie im Vorbeigehen beiläufig wahrnehmen, manche werden stehend vor einigen Fotos verweilen, ich habe mich in ein Foto sogar sinnigerweise auf einer Fensterbank des langen Ganges sitzend vertieft. Eines haben alle Fotos gemein: Personen, die auf den Bänken Platz finden könnten, sind nicht zu sehen, sie hätten offenbar vom Gegenstand abgelenkt. Allenfalls die Zigarettenkippen auf dem Boden in einem Bild zeugen von Menschen, die das Sitzmöbel nutzten.

Eine Bank ist mit der Aufschrift „Halte inne und verweile" versehen, die uns Wanderern durchs Leben möglicherweise die Bedeutung der öffentlichen Sitzbank an sich wesenhaft vermittelt. Bänke sind ja oft so platziert, dass sie den auf ihnen Sitzenden schöne Aussicht bietet, die aber dem Betrachter dieser Fotos verwehrt ist, eben durch den Blick in die andere Richtung.

Die Ästhetik der Fotos reicht von Schönheit bis zur Trostlosigkeit: im Jugendstil Barcelonas oder in einer kunstvollen Gebäudenische integriert oder mit einem aufwändigen steinernen Bildnis einer offenbar eminenten Person in der Rückenlehne bis hin zu Latten auf abgesägten Baumstümpfen, abgeblättertem Putz der als Lehne dienenden Hauswand oder einer Bank, die zugeschneit ihrer zweckgemäßen Bestimmung beraubt scheint. Ein Foto zeigt 3 Bänke kreisförmig um ein Blumenbeet nicht gerade kommunikationsfreundlich mit dem Rücken zueinander angeordnet. Bänke auf abschüssigen Ebenen, einmal durch unterschiedliche Länge der Beine ausgeglichen, einmal durch stufenartiges Ansteigen mehrerer Bänke. Bänke aus grün gestrichenem Holz, aus blau gestrichenem Stahl, eine mit der Nummer 399 versehenen Bank: Unikat oder Serienware? Warum ausgerechnet Bänke?

Ich habe jedes Foto betrachtet und beende jetzt den „ Streifzug durch die europäische Banklandschaft", laufe die Treppe zum Schirnfoyer hinab und erblicke 2 dreidimensionale Sitzbänke, auf der 3 reale Menschen geschäftig in Mobiltelefone tippend nicht gerade innehaltend verweilen. Ich drücke mit der Faust prüfend auf die Sitzpolsterung und entscheide mich für einen kurzen Moment Platz zu nehmen (was ich hier zuvor noch nie gemacht habe). Irgendeine Wirkung auf mich hatte die Ausstellung wohl doch.

Stephen O‘Connor

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